Gegen Ende des Jahres erreicht das Yin seinen Höhepunkt. Der Winter ist dem Wasserelement zugeordnet, wobei sich das Wasser in jener Jahreszeit oftmals zu Schnee materialisiert und die Natur schützend zudeckt. In sanften Tönen spielt die Musik der Stille. Die Kräfte des Natur ziehen sich zusammen, und es wirkt ein bisschen wie Sterben, denn Lebewesen und Pflanzen kommen jetzt vollständig zur Ruhe. Die kontinuierliche Wiederholung jener Naturereignisse wiegt uns jedoch in der Gewissheit, dass nichts jemals wirklich stirbt. Zwar kommt es zum Stillstand, es wird kahl und nackt, aber eine jede Essenz wird im Inneren bewahrt und gespeichert, damit es im Frühling wieder spriessen und wachsen kann. Der Winter symbolisiert also nicht einfach nur das Ende, sondern immer auch einen neuen Anfang. Sei es kalendarisch (Jahresübergang), im Leben (Tod) oder im weiblichen Zyklus (Menstruation).
Die Organe des Elements sind Niere (Yin) und Blase (Yang). Sie regulieren den Wasserhaushalt unseres Körpers. Während Wichtiges wird in den Nieren herausgefiltert wird, scheidet die Blase das Unbrauchbare wieder aus. Zudem gelten die Nieren als Speicher unserer Energiereserve und stellen die Wurzel unseres Lebens dar. In ihnen sind nämlich jene Kräfte gespeichert, welche uns von unseren Eltern vorgeburtlich mitgegeben werden: von unserem Vater die Yang-Energie und von unserer Mutter die Yin-Energie. Diese Ur-Lebensessenz bildet unser Fundament, und bestimmt Fortpflanzung, Geburt, Wachstum, Entwicklung, sowie auch den Alterungsprozess. Damit sie nicht zu rapide aufgebraucht wird - denn sie nimmt im Laufe unseres Lebens natürlicherweise ab - können wir sie mit einem adäquaten Lebensstil bewusst schützen.
Wer sich an dieser Stelle fragt «wie?», den verweise ich auf den Blick in die Natur oder konfrontiere ihn mit der Frage, was den Nieren und der Blase gut tut. Der Organfunktionskreis ist bekanntlich besonders empfindlich gegenüber Kälte, Stress und Schlafmangel, und der Winter macht deutlich, was es jetzt braucht. Es gilt, uns warm zu halten (innerlich und äusserlich), und ausreichend Ruhe und Schlaf zu finden. Auch wir dürfen wir uns jetzt vermehrt zurückziehen, der Stille lauschen, und alle Kräfte im Innern sammeln. Im Winter sind wir besonders sensibel und weniger aufnahmefähig für Dinge im Aussen. Wir öffnen uns unseren Urinstinkten; optimal für Erneuerung, Reflektion und ganz viel Krafttanken. Für etwaige Rituale nutze ich gerne die Rauhnächte, die 12 heiligen Nächte zwischen Weihnachten bzw. der Wintersonnenwende und dem Dreikönigstag, denn sie gelten seit jeher als jene Phase des Winters, in denen die Energien speziell hoch schwingen.