Adler der Lüfte

Ganzheitliche Psychosoziale Beratung Sara Vercellone - Blog Adler der Lüfte
Ganzheitliche Psychosoziale Beratung Sara Vercellone - Blog Adler der Lüfte

Vermutlich ist es uns allen schon mindestens einmal so ergangen, dass wir unglücklich verliebt waren. Oftmals passiert uns das dann, wenn wir uns in etwas verrennen, und viele Menschen haben schliesslich Mühe damit, aus dieser Sackgasse wieder einigermassen unbeschadet rauszufinden. Nachfolgend ein Zitat von Roman Maria Koidl, das mich seit meiner Teenagerzeit begleitet, und das ich damals vor allem witzig fand, im Laufe der Jahre jedoch immer wieder feststellte, wie viel Wahrheit doch dahinter steckt:

 

«Wenn man sich nach dem Adler der Lüfte sehnt, mit dem man die grosse Freiheit zu erleben hofft,

sich aber stets Haifische aussucht, denen man dann das Fliegen beibringen will,

wird man immer wieder die Erfahrung machen, dass Haifische gar nicht fliegen lernen wollen,

aber gelegentlich gern ein Vögelchen fressen.»

 

Vielleicht bin ich ein Glückskind; in mir wohnt eine unendliche Stärke und ein grenzenloses Urvertrauen, die mir erlauben, jederzeit für mich einzustehen und wegzuschieben, was mir nicht gut tut. Mein persönlicher Schwerpunkt liegt dabei jedoch auf meinen Narben, denn durch mein gutes Schützen laufe ich bisweilen Gefahr, diese jeweils noch mehr zu verhärten, was mir wiederum nicht nur mein «Weicherwerden» erschwert, sondern letztlich auch die bedingungslose Liebe. Da ich Schmerz nicht als Gefühl verstehe, sondern als Widerstand gegen all das, was wir zu fühlen nicht willens sind, übe ich mich deshalb bewusst darin, nicht nur wegzuschieben, sondern ausnahmslos alle Gefühle in mir willkommen zu heissen, um sie dann aber auch wieder gehen zu lassen. Insgesamt leide ich selten bis nie lange unter Haifischen, weil ich nicht festhalte, und rasch wieder in Frieden komme mit allem was damit zusammenhängt, und vor allem mit mir selbst. 

 

Wahrscheinlich, so höre ich es immer wieder von Freundinnen, habe ich deshalb nicht die grandioseste Empathie für leidende Vögelchen, und dennoch finden immer wieder welche den Weg in meine Praxis, wo ich sie vielleicht gerade deshalb erfolgreich begleite. Hauptsächlich unterstütze ich sie dabei zu verstehen, wie und weshalb sie sich zum Opfer gemacht haben. Folglich lernen sie primär wieder für sich einzustehen und sich zu schützen, ohne jedoch jemals zu bereuen. Denn ich bin überzeugt, dass absolut alles was passiert richtig und wichtig ist für unsere Entwicklung, genauso wie es war und ist. Und dass jede Begegnung letztlich ein Meilenstein auf dem Weg zu uns selbst ist.

 

Nach einer Haifischattacke geht es in einem ersten Schritt um das Zurückkommen auf den Boden der Realität, später um das noch ein bisschen näher bei sich selbst Ankommen. In diesem Ankommen stellt mein Klientel nicht selten fest, dass die Welt rund um diese Verletzung genau so stabil ist wie zuvor - wenn nicht sogar noch etwas stabiler. Durch das Auflösen des Schmerzes erinnern sie sich daran, wozu sie erschaffen wurden: der Liebe wegen. Und dann können sie plötzlich verzeihen, weil in ihrer Zerbrochenheit am Ende auch ihre Kraft und vollkommene Schönheit liegt. Genau das befähigt sie schliesslich dazu, ihre Flügel wieder auszubreiten und vertrauensvoll weiter zu fliegen.

 

Es lohnt sich nicht, Salz in offene Wunden zu streuen. Falls dich diese Thematik gerade beschäftigt, lege ich dir vielmehr ans Herz, dich mit deiner ureigenen Liebe um sie zu kümmern. Nur so dürfen sie heilen, und nur so können Narben entstehen, die dich letztlich an schmerzliche Zeiten erinnern, die du überlebt hast. Sie zeigen dir deine Stärke, wie auch deine Verwundbarkeit. Sie erinnern dich daran, wie menschlich du bist - in jeder Hinsicht. Und sie können dich darin bestärken, dir selbst dein Adler der Lüfte zu sein. Weil wir alle die grosse Freiheit bereits in uns tragen, und weil uns nichts und niemand jemals zerstören kann, wenn wir es nicht zulassen. Mögest du in deinem Herzen Liebe fühlen.

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