Zu vermissen bedeutet, den leeren Raum, den die Trennung hinterlassen hat, zu besuchen. Ein Jahr nach meiner Trennung habe ich diesen Raum besucht und den Schmerz, sowie das Risiko mit ihm alleine zu sein, in Kauf genommen. Es geht nicht darum, mit diesem Besuch etwas erreichen oder verändern zu wollen, sondern es geht vielmehr darum, jemanden als Menschen niemals ganz verlieren zu wollen. Es geht aber auch um das wirkliche Heilen der Wunden, die durch die Trennung entstanden sind. Und es kam, wie es kommen musste; es tut weh. Ich habe mich gefragt, was ich meine, wenn ich dieses schmerzhafte Gefühl des Vermissens verspüre.
Und ich meine DICH. Das Strahlen in deinem schönen Gesicht, dein einzigartiger Humor, deine feine Art mit Lebewesen umzugehen, deine unermessliche Liebe und Toleranz, die du in dir trägst. Ich meine aber auch UNS. Unsere Gespräche, die geprägt waren von gegenseitigem Respekt und einer wunderbaren Tiefe, unser Rumgeblödel, bei dem wir beide wieder Kind sein durften, unsere Gemeinsamkeiten, die uns verbunden und für viele schöne Momente gesorgt haben, alle Wege, die wir miteinander gegangen sind und die uns in unserem Sein bestärkt haben. Und letztlich meine ich MICH. Eine Art Lebendigkeit, die du in mir geweckt hast, das unbeschwerte Gefühl, das du mir gegeben hast, die Liebe, die du in meine Wunden gelegt und mir dadurch Sicherheit vermittelt hast, die Leichtigkeit des Seins, die ich nur mit dir so verspürt habe.
Vielleicht geht es beim Vermissen nicht bloss um diese eine Person, die nicht mehr da ist, wie sie es einmal war. Vielleicht geht es vor allem auch um die einzigartige Verbindung, die in der Begegnung von zwei Menschen entstehen kann, denn sie ist und bleibt unersetzlich. In meiner Wunde des Vermissens liegt tiefes Bedauern über meine eigene Unzulänglichkeit, und mir wird bewusst, dass ich alles haben wollte, und nichts mehr geniessen konnte. Es tut mir leid, dass ich offensichtlich irgendwann vergessen habe, dass ich mit uns doch im Grunde alles hatte. Ich verstand das, habe es aber nicht mehr intuitiv gefühlt. Bis heute weiss ich nicht, warum es so war, dass ich dich, uns und mich nicht einfach mehr geniessen konnte. Vermutlich war da am Ende einfach doch zu viel, was uns voneinander trennt, und so hat es irgendwann einfach nicht mehr gereicht für das Mehr, das wir beide uns wünschen und verdienen. Wir sind uns irgendwie, irgendwann entgleitet, kamen nicht mehr tiefer, und so blieb das grosse gemeinsame Glück langfristig aus. Und ja, so war es wahrscheinlich richtig, nicht länger festzuhalten. Vielleicht stand ich mir aber auch einfach nur selbst im Weg. Lümmel, ich. Vielleicht, vielleicht.
Und so sitze ich nun hier, in diesem leeren Raum. Die Tränen sind wieder getrocknet, im Wissen, dass alles gut ist, genauso wie es ist. Alles hat seine Berechtigung. Auch das Band, das gefüllt war mit Liebe, welches eben nicht einfach reisst, nur weil man an einem bestimmten Punkt beschlossen hat, getrennte Wege zu gehen. Ich greife nach nichts und will nichts verändern. Ohne vielleicht. Dennoch frage ich mich: was bist du mir, und was bin ich dir? Vielleicht finde ich irgendwann eine Antwort auf all die Fragen, und vielleicht wird es dadurch irgendwann viel-leichter, diesen leeren Raum zu besuchen, und ihn neu zu füllen. Ich bin dankbar, dass du uns diese Möglichkeit gibst, und für all das, was du mir gewesen und immer noch bist. Du bist es mir wert, dass ich mich ganz zeige; in meiner Kraft und Unabhängigkeit, so wie man mich vor allem kennt, aber auch in meiner Verletzbarkeit und Sehnsucht. Deshalb schreibe ich diese Zeilen, befreit von meinem Ego, und aus tiefstem Herzen. Ich vermisse dich, vermisse uns, vermisse mich; so wie ich nur bin, wenn du bei mir bist.